Appell „Kirche, wach auf!“

Kurz vor der Herbstvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz vom 23. bis 26. September 2024 in Fulda und dem Beginn der zweiten Versammlung der Weltsynode am 2. Oktober 2024 in Rom veröffentlichen wir


Statement und Appell aus der Gemeindeinitiative.org zur Online-Pressekonferenz der KirchenVolksBewegung Wir sind Kirche vor der Tagung der Deutschen Bischofskonferenz in Fulda vom 23.-26.09.2024 und vor dem Beginn der 2. Sitzung der Weltsynode in Rom vom 02.-27.10.2024

 

 

Paul-G. UlbrichAppell GI
Gemeindeinitiative.org
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ppell „Kirche, wach auf"




Kirche hat ein ernsthaftes Problem, wie aus bisher Gesagtem schon zu entnehmen ist: man nimmt Kirche eine ernsthafte Reformbereitschaft nicht mehr ab. Viele erleben in ihren Gemeinden ständige Vergrößerungen der Gemeindestrukturen und damit die Entfremdung von den Menschen und ihren Lebenszusammenhängen. Hinzu kommen seit vielen Jahren, zum Teil Jahrzehnten immer dieselben Themenkomplexe, in denen es nur Feigenblatt-Veränderungen gibt. Als Beispiel: Frauen nur mit mehr Verwaltungsjobs abspeisen zu wollen ist keine Gleichberechtigung, die sich eigentlich aus der Taufe und damit derselben Würde aller Christen, Frauen wie Männern, ergibt.

Missionarinnen-Christi-Sr. Susanne Schneider von den OrdensFrauen für MenschenWürde in München bringt es auf den Punkt: „Das Unbehagen der Frauen in der katholischen Kirche wächst: Gott beruft Frauen und Männer zum geistlichen Dienst! Deshalb kann es nicht sein, dass Kirchenmänner die Selbstbestimmung von Frauen einschränken. Die Entscheidung, bei der zweiten Sitzung der Weltsynode nicht über das Diakonat der Frauen zu sprechen, ist ein theologischer Irrtum und kirchenpolitischer Fehler, der der Kirche großen Schaden zufügt. Wir erwarten eine baldige Revision und sind gern bereit, an einer reformierten Kirche mit zu arbeiten.“

Der bekannte Münchner Priester Dr. Dr. Wolfgang Rothe äußert: „Machtmissbrauch und sexualisierte Gewalt innerhalb der katholischen Kirche ist kein Problem der Vergangenheit. Alle Beteuerungen, man werde die durch katholische Geistliche begangenen Gräueltaten schonungslos aufarbeiten und alles daransetzen, dass dergleichen künftig nicht mehr geschehen kann, bleiben solange hohle Worte, als die Ursache dieser Probleme nicht endlich in den Blick genommen und auf den Prüfstand gestellt wird: die unmenschliche und menschenrechtswidrige Sexualmoral der katholischen Kirche! Außerdem gibt es innerhalb der katholischen Kirche zahlreiche Bewegungen und Organisationen, in denen diese Sexualmoral sehr bewusst eingesetzt wird, um Menschen zu manipulieren und zu kontrollieren. In solchen Bewegungen und Organisationen sind Machtmissbrauch und sexualisierte Gewalt geradezu vorprogrammiert. Hier herrscht mehr denn je dringender Handlungsbedarf!"

Kirche Grafik     Appell „Kirche, wach auf!“

Deswegen richten wir – Gemeindeinitiative.org und Wir sind Kirche – den Appell „Kirche, wach auf!“ an alle in der römisch-katholischen Kirche für Veränderungsprozesse Verantwortliche. Der Appell richtet sich besonders an die Kirchenleitungen und offiziellen Gremien, letztlich aber auch an alle Gläubigen:

Kirche braucht binnen sehr kurzer Zeit

  • die volle Gleichberechtigung für Frauen in allen Funktionen, denn Frauen können alles, was kirchliche Gemeinschaft braucht.
  • kirchliche Dienste, nicht Ämter, nach einer Wahl durch diejenigen, für die sie verantwortlich sein sollen, auf eine befristete Zeit
  • mutige Bischöfinnen und Bischöfe.
  • dezentrales, an Subsidiarität orientiertes Agieren, mit Entscheidungen und Experimenten in einzelnen Kirchenregionen, die sich an deren Kultur und Bedürfnissen orientieren und die nicht für die ganze Weltkirche dieselben sein müssen.
  • echte Teilhabe und Entscheidungen und damit Partizipation, die sich nicht in reinem Beraten erschöpft.
  • neue Attraktivität für junge Menschen und eine verständliche Sprache. Die Nichtachtung junger Menschen durch starre Unbeweglichkeit und Reformstau läutet sonst schon jetzt den Tod der deutschen Kirche in wenigen Jahren ein.
  • eine neue, aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse berücksichtigende Sexualmoral. Und sie braucht Geschlechtergerechtigkeit für alle Geschlechter und die Abschaffung von jeglicher Diskriminierung und Homophobie.
  • Gerechtigkeit für Missbrauchsbetroffene, die Opfer der aktuell herrschenden klerikalen Machtstrukturen sind.
  • ein Volk Gottes, aber in großer Vielfalt und regionalen Unterschieden, ohne Hierarchiesystem. Dabei helfen Beauftragungen, ohne Weihen. Jesus wollte keine Zwei-Klassen-Kirche.
  • einen freiwilligen Zölibat und das Abschneiden vieler anderer, nicht mehr zeitgemäßer Zöpfe.
  • die Überwindung des ökumenischen Stillstandes, der wesentlich im katholischen Amtsverständnis begründet ist.
  • echte Synodalität, die ein Suchen von gemeinsamen Wegen in die Zukunft auf Augenhöhe bedeutet und keine klerikale Bevormundung.

Konkret werden kann dies u.a. in einer konsequenten Weiterführung des synodalen Prozesses in Deutschland. Die deutschen Bischöfe müssen die ihnen schon jetzt kirchenrechtlich offenstehenden Möglichkeiten ausschöpfen. Dazu gehören beispielsweise die Übertragung der Gemeindeleitung an Lai:innen, die Tauferlaubnis, die Übertragung des Predigtamts auf Lai:innen, insbesondere auf Frauen und andere nicht-männliche Personen sowie der Einsatz dispensierter, zumeist wegen des Zölibats aus dem Dienst geschiedener Priester in der Pastoral.

Unabhängig von den Ergebnissen des Synodalen Weges steht jeder einzelne der Bischöfe in der Pflicht, dies schon jetzt in seinem eigenen Bistum in Kraft zu setzen.

 

Wir Reformkräfte werden wie bisher gerne konstruktiv mitarbeiten, aber auch nicht mehr nachlassen, die Dringlichkeit von Reformen einzufordern im Interesse einer zukunftsfähigen, von Menschen wieder respektierbaren, als mögliche Heimat erlebbaren Kirche, die relevant und somit gesellschaftsstabilisierende und demokratiefördernde Kraft bleibt.

Gemeindeinitiative.org ist vor über 10 Jahren unter engagierten Katholik:innen entstanden parallel zur ehemaligen Münchner Priesterinitiative, die sich seit einigen Jahren für alle pastoralen Berufe geöffnet hat. Es besteht enge Zusammenarbeit mit vielen auch internationalen Reformgruppen.

Paul-G. Ulbrich

www.gemeindeinitiative.org




Appell zum Download  (PDF)
Pressemappe der Reformkräfte zum Pressegespräch